Nur noch 5 Minuten bitte…

Heut ist Freitag. Morgen ist der letzte Tag für uns auf der Farm, Sonntag ist Abreise. Abschied wird zum Thema. Heut morgen nach alter Routine wieder zu den 6en runter. Annika ist Hally geritten, allein und frei im Dreieck von Mensch zu Mensch und Hally hat sich bei jedem ne Kratzeinheit abgeholt. Was für ein Fortschritt. Der so groß ist, daß er deutlich macht, daß der Abschied vor der Tür stehen muss. Bai hat sich heute von Angelika mit viel Ruhe, Geduld und Gefühl die Vorderbeinchen heben lassen zwischen viel Kratzen, Kraulen und streicheln. Womöglich spürt er den Abschied auch und wendet sich deswegen noch mal zu. Zirkon bekam nochmal zum Abschied die Hufe von mir gemacht und hat gelernt daß der Mensch kein Sofa ist und man umfällt wenn man sich drauf legt. Ab da konnte er auch wieder auf drei Beinen selber stehen :D Niemals darf man versuchen das Gewicht zu halten, wenn sich ein Pferd so auf einen drauf legt. Es lernt dann nur daß es ok ist, sich auf den Menschen drauf zu werfen und macht die Hufbearbeitung zu einem gefährlichen bis unmöglichen Kraftakt, bei dem von präziser Arbeit nicht mal mehr geträumt werden kann. Lieber ein, zwei mal in den luftleeren Raum fallen lassen, bestenfalls macht das Pferd die Erfahrung daß es deutlich bequemer ist auf drei Beinen zu stehen als sich auf dieses marode Sofa zu legen… :D  Angelika wurde mit Yappa beim Reiten immer sicherer, kleine Meinungsverschiedenheiten wurden zugunsten Angelikas ausgefochten und man konnte deutlich sehen, daß es inzwischen ein Team ist. Wir sind mit den Ponys so weit gekommen, Abschied hier an dieser Stelle scheint wie eine logische Konsequenz. Auch wenn wir uns innerlich wehren, es ist rund. Aber wie schön wäre es, wenn wir noch ein bisschen, nur noch 5 Minuten, und nur noch weitere 5 Minuten und noch welche und noch welche einfach nur bei den Pferden verbringen könnten… ein paar 5 Minuten haben wir morgen ja noch. Wollen wir sie ganz bewusst geniessen, damit wir dann mit einem nicht allzu großen Loch die Farm verlassen. Später zuhause im Alltag werden wir dann bemerken, mit welchem Reichtum das Loch gefüllt ist, wenn wir in unserem Tun Verbindung ziehen können zu dem was wir auf der Farm erlebt haben. Erinnerungen werden aufleben, Deja vus werden uns begleiten. 

Und nicht nur der Abschied von den Pferden beschäftigt meine Mitte. Der Kreis der Brumby-Schwestern ist um drei weitere Schwestern gewachsen. Von Karina mussten wir uns allzu früh verabschieden. Zu Dritt, mit Dani zu viert haben wir zwei Wochen alles geteilt, von früh bis spät den Tag gemeinsam verbracht. Uns gezeigt, mit dem was uns beschäftigt und mit den Pferden verbindet. Lieb gewonnen hab ich die beiden neuen Schwestern in der Zeit, auch wenn es für mich als Eigenbrötler nicht immer leicht war, ständig Menschen um mich rum zu haben. Es gab ja immer die Möglichkeit sich vor einem drohenden Overload zurück zu ziehen. Es ist jetzt und bis Sonntag früh noch so selbstverständlich, alle immer um mich rum zu haben. Aber dann sind sie definitiv weg. So sehr ich mich auf meinen mir nachreisenden Gatten und die kommende Einsamkeit (bzw Zweisamkeit) auch freue, es war schön mit Euch, ich finde wir haben super zusammen gepasst und ich hab das hier alles super gern mit euch geteilt und es sehr genossen. 

Gerade als ich hier schreibe liegt die Mittagspause in den letzten Zügen, gleich geht es zu Lumina und co. Nur noch 5 minuten bitte, daß ich noch zuende schreiben kann… :D Die Lumina… da fällt mir der Abschied etwas schwerer… wir haben ja viel geteilt, und wahrscheinlich wirkt das alles auch in ihr noch nach… ich glaube wir haben alles gerissen was geht, noch viel mehr als eigentlich drin war. Und wieder meine ich, eine Ähnlichkeit zu entdecken… Ist sie auch etwas erschöpft, von den vielen Kontakten? Ist auch ihr klar daß die Zeit für den Abschied naht? Zieht sie sich jetzt schon etwas zurück und bereitet sich auf den Abschied vor? Zieh ich mich schon zurück und sie tut es mir gleich? Wenn es kein Ende gäbe hätte man so unendlich viel Zeit und könnte in ganz kleinen Happen arbeiten. Im Prinzip tun wir das schon, aber Lumina-Happen wären vielleicht einmal oder zweimal die Woche. Ein Turnus, den ich mir in der Konstellation auch für die Dauer vorstellen könnte :D Für uns beide waren die zwei Wochen wahrscheinlich sowas wie soziale Druckbetankung, die Regenerationsphase zwischen den Kontakten war relativ kurz :D Die Lumina… wenn ich die Zeit mit ihr irgendwie verlängern könnte… jedesmal hatte ich das Gefühl „nur noch 5 Minuten bitte“… 

Und trotz allem macht sie immer wieder Fortschritte… vielleicht andere als erwartet, aber Fortschritte. Heute kam sie wieder erst gar nicht mit den anderen mit, aus dem Eimer hat sie erst wirklich fressen wollen, als wir die Häcksel befeuchtet haben, danach haben sie sehr aromatisch gerochen und waren viel verlockender… Der heutige Fortschritt war, daß sie beim aus dem Eimer fressen mehrmals meine Hand berührt hat. Erst sicher zufällig, dann hatte ich aber den Eindruck, daß sie sogar absichtlich zufällig meine Hand streift. Immer wieder. Und ich konnte sie absichtlich zufällig an den Lippen berühren beim Kauen. Auch immer wieder. Wir hatten ziemlich viel Körperkontakt heute… und es scheint nicht mehr so einen wahnsinnigen Aufwand zu lohnen, deswegen meterweit weg zu springen. Es ist als ob sie sich wieder ausprobiert, mit der klaren Botschaft zum Schutz: Ich ekel mich vor der Berührung mit Dir, ich will das nicht (Aber ich kann irgendwie nicht gut genug aufpassen und muss dich doch immer wieder berühren… :D)!

Planeto hat heute auch beim 3 Ecken reiten mitgespielt. Ohne Begleitung von einem zum anderen war er etwas ziel-und planlos unterwegs, so groß war das kleine Fleckchen Erde auf einmal so ganz allein nur mit Reiter… keine Karte, kein Navi, die Wolken vor der Sonne… am Ende gelang es ihm aber doch, den nächsten Eckpunkt und Menschen allein zu finden, welch Erfolg in der kurzen Zeit, und ich hab noch Planetos Buckler vom letzten Kurs vor Augen… er ist groß geworden… ein richtig toller Kerl!

Topaz hat mit Angelika gezeigt, wie fein sie ist, das erste Mal Schiffschaukel anspielen (nur das Gewicht von vorn nach hinten verlagern und zurück) hat sie direkt tadellos ausgeführt. Morgen können wir alle nochmal mit allen arbeiten, dann ist der Abschied unausweichlich. Und wir alle werden in den letzten Momenten denken: 

Nur noch fünf Minuten bitte…

Barbara

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